Preussen
Aufstieg und Niedergang 1600-1947. Ausgezeichnet mit dem Wolfson-Preis für Geschichte 2007 und dem Preis des Historischen Kollegs 2004
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Produktinformationen zu „Preussen “
Klappentext zu „Preussen “
Die Geschichte Preussens - ein brillant erzähltes StandardwerkChristopher Clark schildert den Aufstieg Preussens vom kleinen, an Bodenschätzen armen Territorium um Berlin zur dominierenden Macht auf dem europäischen Kontinent. Seine brillante Darstellung von über 300 Jahren preussischer Historie ist ein Meisterwerk der Geschichtsschreibung.Die Auflösung Preussens durch ein alliiertes Kontrollratsgesetz am 25. Februar 1947 setzte einen Schlusspunkt unter eine Jahrhunderte alte wechselvolle Geschichte. Der Name Preussen ist untrennbar verbunden mit Aufklärung und Toleranz, verkörpert etwa in Friedrich dem Grossen, verbunden aber auch mit Militarismus, Masslosigkeit und Selbstüberschätzung Wilhelms II. Das Nachdenken über Preussen stand in den letzten Jahrzehnten im Schatten der hitzigen Debatten über die deutsche Geschichte.Doch die Zeit ist reif für einen distanzierten, sensibel wägenden Blick auf dieses grosse Kapitel der deutschen und europäischen Vergangenheit. Christopher Clarkschildert den Aufstieg Preussens vom kleinen, an Bodenschätzen armen Territorium um Berlin zur dominierenden Macht auf dem europäischen Festland und schliesslich die Auflösung nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches. Seine brillante Darstellung von über 300 Jahren preussischer Historie ist ein Meisterwerk angelsächsischer Geschichtsschreibung.- Ausgezeichnet von DAMALS als bestes historisches Buch 2007
- Unabhängiger, britischer Blick auf die ambivalente preussisch-deutsche Geschichte
Lese-Probe zu „Preussen “
EINLEITUNGAm 25. Februar 1947 unterzeichneten Vertreter der alliierten Besatzungsbehörden in Berlin ein Gesetz zur Auflösung des preussischen Staates. Von diesem Tage an gehörte Preussen der Geschichte an.
Der Staat Preussen, der seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirklichkeit zu bestehen aufgehört. Geleitet von dem Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit der Völker und erfüllt von dem Wunsche, die weitere Wiederherstellung des politischen Lebens in Deutschland auf demokratischer Grundlage zu sichern, erlässt der Kontrollrat das folgende Gesetz:
ARTIKEL I
Der Staat Preussen, seine Zentralregierung und alle nachgeordneten Behörden werden hiermit aufgelöst.
Das Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats war weit mehr als ein blosser Verwaltungsakt. Indem sie Preussen von der europäischen Landkarte tilgten, fällten die alliierten Behörden zugleich ihr Urteil über dieses Land. Preussen war kein deutsches Land wie jedes andere, auf einer Stufe mit Baden, Württemberg, Bayern oder Sachsen. Preussen war der eigentliche Ursprung der deutschen "Krankheit", die Europa ins Unglück gestürzt hatte. Preussen war der Grund, warum Deutschland den Pfad des Friedens und der politischen Moderne verlassen hatte. "Das Herz Deutschlands schlägt in Preussen", sagte Churchill am 21. September 1943 im britischen Parlament. "Hier liegt der Ursprung jener Krankheit, die stets neu ausbricht." Dass Preussen von der politischen Landkarte Europas verschwand, war daher zumindest symbolisch eine Notwendigkeit. Seine Geschichte war "zum Alb geworden, der auf dem Gehirne der Lebenden lastete".
Dieses schmachvolle Ende lastet auf dem Gegenstand dieses Buches. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert hatte man ein überwiegend positives Bild der preussischen Geschichte gezeichnet. Die protestantischen Historiker der "Preussischen Schule" feierten den preussischen Staat als Vehikel der effektiven Verwaltung und des Fortschritts,
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als Befreier des protestantischen Deutschlands von der österreichisch-habsburgischen und der französisch-napoleonischen Plage. Sie sahen den 1871 gegründeten, von Preussen dominierten Nationalstaat als den natürlichen, unvermeidlichen und bestmöglichen Endpunkt der historischen Entwicklung Deutschlands seit der Reformation.
Dieses rosarote Bild der preussischen Vergangenheit verblich nach 1945, als die Verbrechen des NS-Regimes ihren langen Schatten auf die deutsche Geschichte warfen. Der Nationalsozialismus sei kein Zufall gewesen, argumentierte der bekannte Historiker Ludwig Dehio, sondern "das akute Symptom eines chronischen [preussischen] Gebrechens". Der Österreicher Adolf Hitler sei von seiner Mentalität her ein "Wahlpreusse" gewesen. Diese Deutung, derzufolge die deutsche Geschichte der Neuzeit vom "normalen" (d. h. britischen, amerikanischen oder westeuropäischen) Reifeprozess zu weitgehender Liberalität und politischer Stabilität abgewichen sei, fand immer mehr Anhänger. Während in Frankreich, Grossbritannien und den Niederlanden die Macht der traditionellen Eliten und politischen Institutionen durch "bürgerliche Revolutionen" gebrochen worden sei, so die Begründung, sei dies in Deutschland nicht gelungen. Stattdessen sei Deutschland einem "Sonderweg" gefolgt, der in zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft gipfelte.
In diesem Szenario der politischen Fehlentwicklung kam Preussen eine Schlüsselrolle zu, denn hier waren die klassischen Kennzeichen des Sonderwegs am deutlichsten ausgeprägt. Das wichtigste dieser Kennzeichen war die ungebrochene Macht der Junker, jener adeligen Gutsbesitzer in den Gebieten östlich der Elbe, deren dominierende Stellung in der Verwaltung, im Militär und in der ländlichen Gesellschaft das europäische Zeitalter der Revolutionen unbeschadet überstanden hatte. Die Folgen für Preussen (und damit für Deutschland) waren, so schien es, verheerend: eine von Engstirnigkeit und Intoleranz geprägte politische Kultur, der Hang, Macht höher einzuschätzen als Recht und Gesetz, und eine ungebrochene militaristische Tradition. Im Zentrum fast aller Diagnosen des Sonderwegs stand der Gedanke einer einseitigen oder "unvollständigen" Modernisierung, bei der die Entwicklung der politischen Kultur mit den Innovationen und dem Wachstum im Bereich der Wirtschaft nicht Schritt gehalten habe. Dieser Lesart zufolge war Preussen der Fluch des neuzeitlichen Deutschlands und der europäischen Geschichte. Preussen habe dem jungen deutschen Nationalstaat den Stempel seiner eigenen politischen Kultur aufgedrückt, die liberalere politische Kultur Süddeutschlands beiseitegeschoben und so die Grundlagen für politischen Extremismus und ein diktatorisches Regime gelegt. Autoritarismus, Unterwürfigkeit und Gehorsam hätten zum Zusammenbruch der Demokratie geführt und der Diktatur den Weg geebnet. Dieser Paradigmenwechsel in der historischen Wahrnehmung stiess bei jenen Historikern, die den aufgelösten Staat zu rehabilitieren versuchten, auf energischen Widerspruch (vor allem in der Bundesrepublik, und vor allem bei Historikern, die liberal oder konservativ eingestellt waren). Sie betonten die positiven Errungenschaften Preussens - die unbestechliche Beamtenschaft, die Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten, das von den anderen deutschen Staaten bewunderte und nachgeahmte preussische "Allgemeine Landrecht" von 1794, die im 19. Jahrhundert von keinem anderen Staat übertroffene Alphabetisierungsrate und die beispielhafte Effizienz der Bürokratie. Sie lenkten die Aufmerksamkeit auf die Dynamik der preussischen Aufklärung. Sie unterstrichen die Fähigkeit des preussischen Staates, sich in Krisenzeiten zu wandeln und neu zu konstituieren. Der politischen Unterwürfigkeit, immer wieder von den Anhängern des deutschen Sonderwegs in den Vordergrund gerückt, stellten sie bemerkenswerte Fälle von Ungehorsam gegenüber und betonten insbesondere die Rolle der preussischen Offiziere beim Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944. Das von ihnen gezeichnete Preussen war auch nicht frei von Fehlern, aber es hatte wenig mit dem Rassenstaat gemeinsam, den die Nationalsozialisten geschaffen hatten.
Ihren Höhepunkt erreichten diese Bemühungen um eine Rehabilitation Preussens mit der grossen Preussen-Ausstellung, die 1981 in West-Berlin gezeigt wurde und mehr als eine halbe Million Besucher anzog. Auf seinem Rundgang konnte der Betrachter mit Hilfe einer Vielzahl von Objekten und Texttafeln, die von einem internationalen Wissenschaftlerteam zusammengestellt worden waren, die Geschichte Preussens nach verfolgen. Neben militärischen Ausrüstungsgegenständen, Stammbäumen von Adelsfamilien, Darstellungen des höfischen Lebens und Bildern von historischen Schlachten gab es auch Räume zu den Themen "Toleranz", "Emanzipation" und "Revolution". Die Ausstellungsmacher wollten die Vergangenheit nicht in ein nostalgisches Licht tauchen (gleichwohl war vielen Kritikern auf der politischen Linken das Konzept definitiv zu wohlwollend), sondern abwechselnd Licht und Schatten zeigen und so eine "Bilanz" der preussischen Geschichte ziehen. Die Kommentare zu der Ausstellung - sowohl in den offiziellen Katalogen als auch in den Medien - beschäftigten sich vorrangig mit der Bedeutung Preussens im heutigen Deutschland. Ein Grossteil der Diskussion kreiste um die Frage, welche Lehren aus der schwierigen Reise Preussens in die Moderne zu ziehen seien. Es sei notwendig, so war zu vernehmen, die "Tugenden" - wie Toleranz oder den uneigennützigen Dienst am Gemeinwohl - in Ehren zu halten und sich gleichzeitig von den weniger appetitlichen Eigenschaften in der preussischen Tradition zu lösen, etwa von autokratischen Einstellungen in der Politik oder der Tendenz, militärische Erfolge zu glorifizieren.
Auch heute noch, über zwei Jahrzehnte später, scheiden sich an Preussen die Geister. Nach der Vereinigung Deutschlands 1990 und der Verlegung des Regierungssitzes vom katholisch geprägten Bonn im "Westen" in das protestantische Berlin im "Osten" kamen Bedenken auf, ob die Macht der preussischen Vergangenheit tatsächlich als "gezähmt" gelten könne. Würde der "altpreussische Geist" wiedererwachen und die deutsche Republik heimsuchen? Der Staat Preussen ist ausgelöscht, doch der Begriff "Preussen" als politisches Symbol hat eine gewisse Renaissance erlebt. Er ist zu einem Slogan der Rechten in Deutschland geworden, die in den "altpreussischen Traditionen" ein tugendhaftes Gegengewicht sehen zur "Orientierungslosigkeit", dem "Werteverfall", der "politischen Korruption" und dem Verlust einer kollektiven Identität im heutigen Deutschland. Für viele in Deutschland ist "Preussen" allerdings auch heute noch ein Synonym für alles Abstossende in der deutschen Geschichte, für Militarismus, Eroberung, Arroganz und Intoleranz. Die Kontroverse über Preussen flackert immer dann wieder auf, wenn preussische Symbole ins Spiel kommen. Ereignisse wie die Umbettung der sterblichen Überreste Friedrichs des Grossen in den Schlosspark von Sanssouci im August 1991 oder der Plan, das Berliner Stadtschloss der Hohenzollern wieder aufzubauen, führen immer wieder zu hitzigen öffentlichen Diskussionen.
Im Februar 2002 wurde der Sozialdemokrat Alwin Ziel, bis dahin eher unauffälliger Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen in Brandenburg, schlagartig bekannt, als er sich in die Debatte um eine mögliche Zusammenlegung der Stadt Berlin mit dem Bundesland Brandenburg einschaltete. "Berlin-Brandenburg", meinte er, sei ein ziemlich sperriger Begriff. Wie wäre es, wenn man das neue Bundesland "Preussen" nennen würde? Der Vorschlag schlug hohe Wellen. Kritische Stimmen warnten vor der Wiedergeburt Preussens, das Thema wurde landauf, landab in den Talkshows diskutiert, und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien eine Serie von Artikeln unter der Rubrik: "Darf Preussen sein?" Unter denen, die sich zu Wort meldeten, war auch Hans-Ulrich Wehler, einer der führenden Verfechter des deutschen Sonderwegs. Sein Artikel, in dem er den Vorschlag Ziels vehement zurückwies, war überschrieben mit "Preussen vergiftet uns".
Kein Versuch, die preussische Geschichte zu verstehen, kann sich dieser Debatte entziehen. Die Frage, inwieweit Preussen in die Katastrophen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert verwickelt war, muss Teil jeder Bewertung der Geschichte dieses Staates sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass man die Geschichte Preussens (oder irgendeines anderen Staates) ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt der Machtergreifung Hitlers betrachten muss. Ebenso wenig heisst es, dass man Preussen einzig nach ethischen Kategorien bewerten und pflichtbewusst das Gute loben und das Schlechte tadeln muss. Die stark polarisierten Urteile, die in zeitgenössischen Debatten (und in Teilen der geschichtswissenschaftlichen Literatur) immer wieder auftauchen, sind nicht nur deshalb problematisch, weil sie der wechselvollen preussischen Geschichte nicht gerecht werden, sondern weil sie diese Geschichte auf eine teleologische Betrachtungsweise der deutschen Schuld verkürzen. Die Wahrheit ist, dass Preussen ein europäischer Staat war, lange bevor es ein deutscher wurde. Deutschland - hier nehme ich eine der zentralen Thesen dieses Buches vorweg - war nicht die Erfüllung Preussens, sondern sein Verderben.
Aus diesem Grund habe ich gar nicht erst versucht, Laster und Tugenden Preussens herauszuarbeiten und sie gegeneinander abzuwägen. Ich habe nicht den Anspruch, irgendwelche "Lehren" in Form von moralischen oder politischen Ratschlägen für heutige oder zukünftige Generationen abzuleiten. Wer diese Seiten liest, wird weder dem rauen, kriegslüsternen Termitenstaat preussenfeindlicher Abhandlungen begegnen, noch der Lagerfeuerromantik der prussophilen Tradition. Als australischer Historiker, der im Cambridge des 21. Jahrhunderts arbeitet, bin ich glücklicherweise von der Verpflichtung (oder Versuchung) befreit, das historische Erbe Preussens zu beklagen oder zu feiern. Vielmehr stellt dieses Buch den Versuch dar, die Kräfte zu verstehen, die Preussen geformt und zerstört haben.
In jüngerer Zeit wird gerne betont, dass Nationen und Staaten keine naturgegebenen Phänomene sind, sondern mehr oder weniger zufällig entstandene, künstliche Schöpfungen. Man sagt, dass sie erfundene bzw.
konstruierte Gebilde sind, mit einer kollektiven Identität, die durch bewusste Willensakte "geschmiedet" wird.i0 Kein neuzeitlicher Staat ist besser geeignet, diese Sichtweise zu untermauern, als Preussen. Preussen war eine Ansammlung disparater, weit verstreuter Gebiete ohne natürliche Grenzen, die weder durch eine gemeinsame Kultur verbunden waren, noch durch ihren Dialekt oder ihre Küche. Diese ungünstige Ausgangslage wurde dadurch noch verschärft, dass im Rahmen der territorialen Expansion in unbestimmten Abständen immer wieder neue Bevölkerungsgruppen integriert werden mussten, deren Loyalität zum preussischen Staat nur durch einen langwierigen Assimilationsprozess gewonnen werden konnte - wenn überhaupt. Die Schaffung "preussischer" Untertanen war ein langwieriger Prozess, der immer wieder ins Stocken geriet. Als Preussen sein formales Ende ereilte, hatte dieser Prozess längst an Schwung verloren. Die Bezeichnung "Preussen" selbst hatte ja immer etwas Gezwungenes, weil sie nicht vom Kernland der Hohenzollerndynastie abgeleitet war (der Mark Brandenburg rings um Berlin), sondern von der östlichsten Provinz des Herrschaftsgebiets der Hohenzollern, einem Herzogtum an der Ostsee, das mit den übrigen Territorien gar nicht verbunden war. "Preussen" war sozusagen das Logo, das sich die brandenburgischen Kurfürsten zulegten, nachdem sie 1701 zu Königen aufgestiegen waren. Der eigentliche Kern, die eigentliche Essenz der preussischen Tradition war das Fehlen einer Tradition. Wie diesem abstrakten, leblosen Staatsgebilde Leben eingehaucht wurde, wie es sich von einer Ansammlung schablonenhafter Fürstentitel zu einem lebendigen Ganzen entwickelte, und wie es ihm gelang, die Loyalität seiner Untertanen zu gewinnen - diese Fragen stehen in diesem Buch im Zentrum des Interesses.
Im allgemeinen Sprachgebrauch steht "preussisch" noch heute für eine ganz bestimmte Art von autoritärer Planmässigkeit, und daher ist die Versuchung gross, sich die preussische Geschichte als detailliert ausgearbeiteten Plan vorzustellen, nach dem die Hohenzollern die Macht des Staates immer weiter ausgedehnt, ihr Herrschaftsgebiet erweitert, neue Besitzungen eingegliedert und den regionalen Adel zurückgedrängt haben. In diesem Szenario erhebt sich der Staat aus dem Chaos und der Dunkelheit des Mittelalters, durchtrennt Traditionsstränge und errichtet eine rationale, allumfassende Ordnung. Dieses Buch will dieses Bild ins Wanken bringen. Es möchte dem Leser einen Zugang zur preussischen Geschichte eröffnen, in dem Ordnung und Unordnung gleichermassen ihren Platz haben. Die Erfahrung des Krieges, der schrecklichsten Form der Unordnung, zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte preussische Geschichte. Sie hat den Staatsbildungsprozess auf komplexe Weise beeinflusst, ihn mal beschleunigt, mal gebremst. Was die Konsolidierung des Staates im Inneren betrifft, so stellt sich diese als planloser, improvisierter Prozess dar, der sich in einem dynamischen, mitunter instabilen sozialen Umfeld vollzogen hat. Manchmal war "Verwaltung" ein anderes Wort für kontrollierte Umwälzungen. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein gab es viele preussische Gebiete, in denen das Vorhandensein des Staates kaum spürbar war.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass man "den Staat" an den Rand der preussischen Geschichte drängen sollte. Man sollte ihn vielmehr als Produkt der politischen Kultur betrachten, als Spiegelbild des kollektiven Bewusstseins. Es gehört zu den bemerkenswerten Kennzeichen der intellektuellen Entwicklung Preussens, dass der Gedanke einer eigenen preussischen Geschichte stets aufs Engste verwoben war mit der Betonung der Legitimität und Notwendigkeit des Staates. Der Grosse Kurfürst zum Beispiel war Mitte des 17. Jahrhunderts der Ansicht, dass die Konzentration der politischen Macht in der Exekutive des monarchischen Staates die beste Sicherheit gegen Angriffe von aussen garantiere. Doch dieses Argument - das von Historikern gelegentlich unter der Rubrik "Primat der Aussenpolitik" aufgegriffen wird - war selbst Teil der Evolution des preussischen Staates. Es war eines der rhetorischen Mittel, mit denen der Fürst seinen Machtanspruch als Landesherr untermauerte.
Anders ausgedrückt: Die Geschichte des preussischen Staates ist zugleich die Geschichte der Geschichte des preussischen Staates, denn der preussische Staat erfand seine Geschichte sozusagen erst beim Erzählen und entwickelte nach und nach eine immer ausgefeiltere Darstellung seines bisherigen Werdegangs und seiner Ziele in der Gegenwart. Im frühen 19. Jahrhundert führte die Notwendigkeit, angesichts der Herausforderung durch die Französische Revolution die preussische Regierungsform zu rechtfertigen, zu einer einzigartigen Eskalation im Diskurs. Der preussischen Staat legitimierte sich als Träger des historischen Fortschritts und bediente sich dabei eines derart überschwänglichen Vokabulars, dass er zum Modellfall einer bestimmten Ausprägung der Moderne wurde. Doch die Autorität und Erhabenheit des Staates in den Köpfen gebildeter Zeitgenossen hatte wenig mit der tatsächlichen Bedeutung zu tun, die er für das Leben der breiten Mehrheit der Untertanen hatte.
Zwischen dem bescheidenen territorialen Erbe Preussens und seiner herausgehobenen Position im Gang der Geschichte besteht ein auffälliger Kontrast. Besucher in Brandenburg, dem historischen Kernland des preussischen Staates, waren seit jeher überrascht angesichts der Spärlichkeit seiner Ressourcen und der Provinzialität seiner verschlafenen Städte. Was sie vorfanden, deutete nicht gerade auf den aussergewöhnlichen historischen Aufstieg Brandenburgs hin - ganz zu schweigen davon, dass es ihn erklärt hätte. "Jemand müsste etwas darüber schreiben, was da gerade geschieht", schrieb Voltaire zu Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756-1763), in dem sein Freund Friedrich der Grosse sich gegen die vereinten Kräfte Frankreichs, Russlands und Österreichs behaupten musste. "Es wäre von einigem Nutzen, wenn man erklären könnte, wie es dazu kam, dass das sandige Land Brandenburg so mächtig geworden ist, dass man mehr Streitkräfte gegen Brandenburg mobilisiert hat als jemals gegen Ludwig XIV."ii Die offensichtliche Diskrepanz zwischen der militärischen Stärke des preussischen Staates und den spärlichen Ressourcen, die zu ihrer Aufrechterhaltung zur Verfügung standen, erklärt einen der seltsamsten Wesenszüge der Geschichte Preussens als europäische Macht, nämlich die Tatsache, dass sich Phasen frühreifer Stärke mit Phasen gefährlicher Schwäche abwechselten. Im öffentlichen Bewusstsein ist Preussen mit der Erinnerung an militärische Erfolge verbunden: Rossbach, Leuthen, Leipzig, Waterloo, Königgrätz, Sedan. Doch im Laufe seiner Geschichte stand Preussen mehrmals am Rande seiner politischen Auslöschung: während des Dreissigjährigen Krieges, während des Siebenjährigen Krieges, und noch einmal 1806, als Napoleon die preussische Armee vernichtete und den König zur Flucht durch halb Nordeuropa zwang, bis ins Memelgebiet im äussersten Osten seines Königreiches. Zeiten der Aufrüstung und der militärischen Konsolidierung wurden immer wieder von langen Phasen der schrumpfenden Ressourcen und des Niedergangs unterbrochen. Die Kehrseite des unerwarteten preussischen Aufstiegs war ein bleibendes Gefühl der Verwundbarkeit, das die politische Kultur Preussens zutiefst geprägt hat.
Dieses Buch beschreibt, wie Preussen entstanden ist und wie es unterging. Nur wenn man diese beiden Prozesse versteht, wird nachvollziehbar, warum ein Staat, der einst in den Köpfen so vieler Menschen einen so bedeutenden Platz eingenommen hat, ebenso restlos wie abrupt von der politischen Bühne verschwinden konnte, ohne dass ihm jemand eine Träne nachgeweint hätte.
KAPITEL 1 Die brandenburgischen Hohenzollern
Das Kernland
Am Anfang war Brandenburg. Rings um Berlin erstreckte sich auf etwa 40.000 Quadratkilometern das Kernland jenes Staates, der später unter dem Namen Preussen in die Geschichte eingehen sollte.
Die Landschaft Brandenburgs war Teil der trostlosen Ebene, die sich von den Niederlanden bis zum Norden Polens erstreckte, eine Gegend ohne besondere Kennzeichen, die kaum je Besucher anlockte. Ihren Flüssen, die sich träge dahinschlängelten, fehlte die Erhabenheit des Rheins oder der Donau, ein Grossteil der Fläche war von eintönigen Wäldern aus Birken und Föhren bedeckt. Der Verfasser einer frühen Beschreibung Brandenburgs, der Topograf Nicolaus Leuthinger, schrieb 1598 von einem "ebenen, bewaldeten Land mit vielen Sümpfen". Sand, Ebene, Sümpfe und unkultivierte Flächen sind immer wiederkehrende Begriffe in allen frühen Berichten, selbst in den wohlwollendsten!
Die Böden waren in weiten Teilen Brandenburgs von nur geringer Qualität. In einigen Gebieten, vor allem rings um Berlin, war der Boden so sandig und locker, dass nicht einmal Bäume wuchsen. In dieser Hinsicht änderte sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts wenig. Ein Engländer, der sich im Hochsommer Berlin von Süden her näherte, berichtete von "ganzen Gegenden voller blankem, heissem Sand; dazwischen hier und da ein Dorf und Wälder aus verkümmerten Föhren, die auf ausgebleichten, dicht von Rentiermoos bedeckten Böden stehen".
Metternich wird der Ausspruch zugeschrieben, Italien sei ein "geografischer Begriff". Von Brandenburg liess sich nicht einmal das behaupten. Es war ein Binnenstaat ohne natürliche Grenzen, die man hätte verteidigen können, ein rein politisches Gebilde aus Landstrichen, die man im Mittelalter heidnischen Slawen abgetrotzt hatte und in denen Einwanderer aus zahlreichen deutschsprachigen Gebieten, sowie aus Frankreich, den Niederlanden, Norditalien und England siedelten. Nach und nach verlor sich das slawische Erbe, aber bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gab es in den Dörfern des Spreewalds bei Berlin Enklaven mit Slawisch sprechenden Einwohnern, den Wenden. Der Grenzlandcharakter der Region, ihre Rolle als östliche Grenze der Besiedlung durch deutschsprachige Christen, fand ihren semantischen Niederschlag in der Bezeichnung "Mark", die sowohl für Brandenburg insgesamt verwendet wurde, als auch für vier der fünf Teilgebiete: die Mittelmark um Berlin, die Altmark im Westen, die Uckermark im Norden und die Neumark im Osten (das fünfte Gebiet war die Prignitz im Nordwesten).
Die Voraussetzungen für den Warentransport waren primitiv. Brandenburg hatte keinen Zugang zum Meer und damit auch keinen Seehafen. Zwischen Elbe und Oder, die an der westlichen bzw. östlichen Flanke der Mark Richtung Nord- bzw. Ostsee flossen, gab es keine Wasserstrasse, sodass die Residenzstädte Berlin und Potsdam nicht an die wichtigsten Transportwege der Region angebunden waren. Im Jahr 1548 hatte man mit dem Bau eines Kanals begonnen, der die Spree, die durch Berlin und ihre Schwesterstadt Cölln floss, mit der Oder verbinden sollte. Das Vorhaben erwies sich jedoch als zu teuer und wurde aufgegeben. Da in jener Zeit der Transport zu Lande sehr viel teurer war als zu Wasser, war der Mangel an schiffbaren Wasserwegen in West-Ost-Richtung ein schwerwiegendes Strukturdefizit.
Hochwertige landwirtschaftliche Produkte (Wein, Krapp, Flachs, Barchent, Wolle und Seide), wie sie in anderen deutschen Gebieten hergestellt wurden, suchte man in Brandenburg vergebens, und die Vorkommen der damals wichtigsten Erze (Silber, Kupfer, Eisen, Zink und Zinn) waren gering. Das wichtigste Zentrum der Metallverarbeitung war ein Eisenhüttenwerk, das in den 1550er Jahren in der befestigten Stadt Peitz errichtet worden war. Auf einer zeitgenössischen Darstellung sind solide Gebäude zu sehen, die zwischen schnell fliessenden künstlichen Wasserwegen liegen. Die schweren Hämmer, die das Metall flachschlugen und formten, wurden von einem grossen Wasserrad angetrieben. Für den Kurfürsten hatte diese Eisenhütte eine gewisse Bedeutung, waren seine Garnisonen doch auf Munition aus Peitz angewiesen, aber darüber hinaus war ihr wirtschaftlicher Nutzen gering. Das dort produzierte Eisen war bei Frost wenig bruchfest. Brandenburg war also auf dem regionalen Markt nicht konkurrenzfähig, und ohne Förderung durch den Staat in Form von Aufträgen und Einfuhrbeschränkungen wäre das zarte Pflänzchen eines metallverarbeitenden Sektors nicht lebensfähig gewesen. Brandenburg konnte sich in keiner Weise mit den florierenden Giessereien messen, die weiter südöstlich im erzreichen Kurfürstentum Sachsen lagen. Ebenso wenig war es im Hinblick auf die Waffenproduktion so autark wie Schweden, das sich im frühen 17. Jahrhundert als Regionalmacht etablieren konnte.
Frühe Berichte über die landwirtschaftliche Topografie in Brandenburg vermitteln einen zwiespältigen Eindruck. Die in weiten Landesteilen schlechte Bodenqualität führte zu niedrigen Erträgen. In manchen Gegenden war der Boden so schnell ausgelaugt, dass man nur alle sechs, neun oder zwölf Jahre aussäen konnte, ganz zu schweigen von den Landstrichen mit "unfruchtbarem Sandboden" oder Sumpfland, in denen gar nichts angebaut werden konnte. Andererseits gab es auch Gebiete - vor allem in der Alt- und Uckermark und im fruchtbaren Havelland westlich von Berlin -, die über genügend Ackerland verfügten, auf dem intensiver Getreideanbau möglich war. Hier gab es um 1600 deutliche Anzeichen von wirtschaftlicher Prosperität. Begünstigt vom langen Aufschwung, den Europa im 16. Jahrhundert erlebte, konnten die Grundbesitzer des brandenburgischen Adels ansehnliche Vermögen anhäufen, indem sie Getreide für den Export produzierten.
Dieses rosarote Bild der preussischen Vergangenheit verblich nach 1945, als die Verbrechen des NS-Regimes ihren langen Schatten auf die deutsche Geschichte warfen. Der Nationalsozialismus sei kein Zufall gewesen, argumentierte der bekannte Historiker Ludwig Dehio, sondern "das akute Symptom eines chronischen [preussischen] Gebrechens". Der Österreicher Adolf Hitler sei von seiner Mentalität her ein "Wahlpreusse" gewesen. Diese Deutung, derzufolge die deutsche Geschichte der Neuzeit vom "normalen" (d. h. britischen, amerikanischen oder westeuropäischen) Reifeprozess zu weitgehender Liberalität und politischer Stabilität abgewichen sei, fand immer mehr Anhänger. Während in Frankreich, Grossbritannien und den Niederlanden die Macht der traditionellen Eliten und politischen Institutionen durch "bürgerliche Revolutionen" gebrochen worden sei, so die Begründung, sei dies in Deutschland nicht gelungen. Stattdessen sei Deutschland einem "Sonderweg" gefolgt, der in zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft gipfelte.
In diesem Szenario der politischen Fehlentwicklung kam Preussen eine Schlüsselrolle zu, denn hier waren die klassischen Kennzeichen des Sonderwegs am deutlichsten ausgeprägt. Das wichtigste dieser Kennzeichen war die ungebrochene Macht der Junker, jener adeligen Gutsbesitzer in den Gebieten östlich der Elbe, deren dominierende Stellung in der Verwaltung, im Militär und in der ländlichen Gesellschaft das europäische Zeitalter der Revolutionen unbeschadet überstanden hatte. Die Folgen für Preussen (und damit für Deutschland) waren, so schien es, verheerend: eine von Engstirnigkeit und Intoleranz geprägte politische Kultur, der Hang, Macht höher einzuschätzen als Recht und Gesetz, und eine ungebrochene militaristische Tradition. Im Zentrum fast aller Diagnosen des Sonderwegs stand der Gedanke einer einseitigen oder "unvollständigen" Modernisierung, bei der die Entwicklung der politischen Kultur mit den Innovationen und dem Wachstum im Bereich der Wirtschaft nicht Schritt gehalten habe. Dieser Lesart zufolge war Preussen der Fluch des neuzeitlichen Deutschlands und der europäischen Geschichte. Preussen habe dem jungen deutschen Nationalstaat den Stempel seiner eigenen politischen Kultur aufgedrückt, die liberalere politische Kultur Süddeutschlands beiseitegeschoben und so die Grundlagen für politischen Extremismus und ein diktatorisches Regime gelegt. Autoritarismus, Unterwürfigkeit und Gehorsam hätten zum Zusammenbruch der Demokratie geführt und der Diktatur den Weg geebnet. Dieser Paradigmenwechsel in der historischen Wahrnehmung stiess bei jenen Historikern, die den aufgelösten Staat zu rehabilitieren versuchten, auf energischen Widerspruch (vor allem in der Bundesrepublik, und vor allem bei Historikern, die liberal oder konservativ eingestellt waren). Sie betonten die positiven Errungenschaften Preussens - die unbestechliche Beamtenschaft, die Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten, das von den anderen deutschen Staaten bewunderte und nachgeahmte preussische "Allgemeine Landrecht" von 1794, die im 19. Jahrhundert von keinem anderen Staat übertroffene Alphabetisierungsrate und die beispielhafte Effizienz der Bürokratie. Sie lenkten die Aufmerksamkeit auf die Dynamik der preussischen Aufklärung. Sie unterstrichen die Fähigkeit des preussischen Staates, sich in Krisenzeiten zu wandeln und neu zu konstituieren. Der politischen Unterwürfigkeit, immer wieder von den Anhängern des deutschen Sonderwegs in den Vordergrund gerückt, stellten sie bemerkenswerte Fälle von Ungehorsam gegenüber und betonten insbesondere die Rolle der preussischen Offiziere beim Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944. Das von ihnen gezeichnete Preussen war auch nicht frei von Fehlern, aber es hatte wenig mit dem Rassenstaat gemeinsam, den die Nationalsozialisten geschaffen hatten.
Ihren Höhepunkt erreichten diese Bemühungen um eine Rehabilitation Preussens mit der grossen Preussen-Ausstellung, die 1981 in West-Berlin gezeigt wurde und mehr als eine halbe Million Besucher anzog. Auf seinem Rundgang konnte der Betrachter mit Hilfe einer Vielzahl von Objekten und Texttafeln, die von einem internationalen Wissenschaftlerteam zusammengestellt worden waren, die Geschichte Preussens nach verfolgen. Neben militärischen Ausrüstungsgegenständen, Stammbäumen von Adelsfamilien, Darstellungen des höfischen Lebens und Bildern von historischen Schlachten gab es auch Räume zu den Themen "Toleranz", "Emanzipation" und "Revolution". Die Ausstellungsmacher wollten die Vergangenheit nicht in ein nostalgisches Licht tauchen (gleichwohl war vielen Kritikern auf der politischen Linken das Konzept definitiv zu wohlwollend), sondern abwechselnd Licht und Schatten zeigen und so eine "Bilanz" der preussischen Geschichte ziehen. Die Kommentare zu der Ausstellung - sowohl in den offiziellen Katalogen als auch in den Medien - beschäftigten sich vorrangig mit der Bedeutung Preussens im heutigen Deutschland. Ein Grossteil der Diskussion kreiste um die Frage, welche Lehren aus der schwierigen Reise Preussens in die Moderne zu ziehen seien. Es sei notwendig, so war zu vernehmen, die "Tugenden" - wie Toleranz oder den uneigennützigen Dienst am Gemeinwohl - in Ehren zu halten und sich gleichzeitig von den weniger appetitlichen Eigenschaften in der preussischen Tradition zu lösen, etwa von autokratischen Einstellungen in der Politik oder der Tendenz, militärische Erfolge zu glorifizieren.
Auch heute noch, über zwei Jahrzehnte später, scheiden sich an Preussen die Geister. Nach der Vereinigung Deutschlands 1990 und der Verlegung des Regierungssitzes vom katholisch geprägten Bonn im "Westen" in das protestantische Berlin im "Osten" kamen Bedenken auf, ob die Macht der preussischen Vergangenheit tatsächlich als "gezähmt" gelten könne. Würde der "altpreussische Geist" wiedererwachen und die deutsche Republik heimsuchen? Der Staat Preussen ist ausgelöscht, doch der Begriff "Preussen" als politisches Symbol hat eine gewisse Renaissance erlebt. Er ist zu einem Slogan der Rechten in Deutschland geworden, die in den "altpreussischen Traditionen" ein tugendhaftes Gegengewicht sehen zur "Orientierungslosigkeit", dem "Werteverfall", der "politischen Korruption" und dem Verlust einer kollektiven Identität im heutigen Deutschland. Für viele in Deutschland ist "Preussen" allerdings auch heute noch ein Synonym für alles Abstossende in der deutschen Geschichte, für Militarismus, Eroberung, Arroganz und Intoleranz. Die Kontroverse über Preussen flackert immer dann wieder auf, wenn preussische Symbole ins Spiel kommen. Ereignisse wie die Umbettung der sterblichen Überreste Friedrichs des Grossen in den Schlosspark von Sanssouci im August 1991 oder der Plan, das Berliner Stadtschloss der Hohenzollern wieder aufzubauen, führen immer wieder zu hitzigen öffentlichen Diskussionen.
Im Februar 2002 wurde der Sozialdemokrat Alwin Ziel, bis dahin eher unauffälliger Minister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen in Brandenburg, schlagartig bekannt, als er sich in die Debatte um eine mögliche Zusammenlegung der Stadt Berlin mit dem Bundesland Brandenburg einschaltete. "Berlin-Brandenburg", meinte er, sei ein ziemlich sperriger Begriff. Wie wäre es, wenn man das neue Bundesland "Preussen" nennen würde? Der Vorschlag schlug hohe Wellen. Kritische Stimmen warnten vor der Wiedergeburt Preussens, das Thema wurde landauf, landab in den Talkshows diskutiert, und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien eine Serie von Artikeln unter der Rubrik: "Darf Preussen sein?" Unter denen, die sich zu Wort meldeten, war auch Hans-Ulrich Wehler, einer der führenden Verfechter des deutschen Sonderwegs. Sein Artikel, in dem er den Vorschlag Ziels vehement zurückwies, war überschrieben mit "Preussen vergiftet uns".
Kein Versuch, die preussische Geschichte zu verstehen, kann sich dieser Debatte entziehen. Die Frage, inwieweit Preussen in die Katastrophen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert verwickelt war, muss Teil jeder Bewertung der Geschichte dieses Staates sein. Das bedeutet jedoch nicht, dass man die Geschichte Preussens (oder irgendeines anderen Staates) ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt der Machtergreifung Hitlers betrachten muss. Ebenso wenig heisst es, dass man Preussen einzig nach ethischen Kategorien bewerten und pflichtbewusst das Gute loben und das Schlechte tadeln muss. Die stark polarisierten Urteile, die in zeitgenössischen Debatten (und in Teilen der geschichtswissenschaftlichen Literatur) immer wieder auftauchen, sind nicht nur deshalb problematisch, weil sie der wechselvollen preussischen Geschichte nicht gerecht werden, sondern weil sie diese Geschichte auf eine teleologische Betrachtungsweise der deutschen Schuld verkürzen. Die Wahrheit ist, dass Preussen ein europäischer Staat war, lange bevor es ein deutscher wurde. Deutschland - hier nehme ich eine der zentralen Thesen dieses Buches vorweg - war nicht die Erfüllung Preussens, sondern sein Verderben.
Aus diesem Grund habe ich gar nicht erst versucht, Laster und Tugenden Preussens herauszuarbeiten und sie gegeneinander abzuwägen. Ich habe nicht den Anspruch, irgendwelche "Lehren" in Form von moralischen oder politischen Ratschlägen für heutige oder zukünftige Generationen abzuleiten. Wer diese Seiten liest, wird weder dem rauen, kriegslüsternen Termitenstaat preussenfeindlicher Abhandlungen begegnen, noch der Lagerfeuerromantik der prussophilen Tradition. Als australischer Historiker, der im Cambridge des 21. Jahrhunderts arbeitet, bin ich glücklicherweise von der Verpflichtung (oder Versuchung) befreit, das historische Erbe Preussens zu beklagen oder zu feiern. Vielmehr stellt dieses Buch den Versuch dar, die Kräfte zu verstehen, die Preussen geformt und zerstört haben.
In jüngerer Zeit wird gerne betont, dass Nationen und Staaten keine naturgegebenen Phänomene sind, sondern mehr oder weniger zufällig entstandene, künstliche Schöpfungen. Man sagt, dass sie erfundene bzw.
konstruierte Gebilde sind, mit einer kollektiven Identität, die durch bewusste Willensakte "geschmiedet" wird.i0 Kein neuzeitlicher Staat ist besser geeignet, diese Sichtweise zu untermauern, als Preussen. Preussen war eine Ansammlung disparater, weit verstreuter Gebiete ohne natürliche Grenzen, die weder durch eine gemeinsame Kultur verbunden waren, noch durch ihren Dialekt oder ihre Küche. Diese ungünstige Ausgangslage wurde dadurch noch verschärft, dass im Rahmen der territorialen Expansion in unbestimmten Abständen immer wieder neue Bevölkerungsgruppen integriert werden mussten, deren Loyalität zum preussischen Staat nur durch einen langwierigen Assimilationsprozess gewonnen werden konnte - wenn überhaupt. Die Schaffung "preussischer" Untertanen war ein langwieriger Prozess, der immer wieder ins Stocken geriet. Als Preussen sein formales Ende ereilte, hatte dieser Prozess längst an Schwung verloren. Die Bezeichnung "Preussen" selbst hatte ja immer etwas Gezwungenes, weil sie nicht vom Kernland der Hohenzollerndynastie abgeleitet war (der Mark Brandenburg rings um Berlin), sondern von der östlichsten Provinz des Herrschaftsgebiets der Hohenzollern, einem Herzogtum an der Ostsee, das mit den übrigen Territorien gar nicht verbunden war. "Preussen" war sozusagen das Logo, das sich die brandenburgischen Kurfürsten zulegten, nachdem sie 1701 zu Königen aufgestiegen waren. Der eigentliche Kern, die eigentliche Essenz der preussischen Tradition war das Fehlen einer Tradition. Wie diesem abstrakten, leblosen Staatsgebilde Leben eingehaucht wurde, wie es sich von einer Ansammlung schablonenhafter Fürstentitel zu einem lebendigen Ganzen entwickelte, und wie es ihm gelang, die Loyalität seiner Untertanen zu gewinnen - diese Fragen stehen in diesem Buch im Zentrum des Interesses.
Im allgemeinen Sprachgebrauch steht "preussisch" noch heute für eine ganz bestimmte Art von autoritärer Planmässigkeit, und daher ist die Versuchung gross, sich die preussische Geschichte als detailliert ausgearbeiteten Plan vorzustellen, nach dem die Hohenzollern die Macht des Staates immer weiter ausgedehnt, ihr Herrschaftsgebiet erweitert, neue Besitzungen eingegliedert und den regionalen Adel zurückgedrängt haben. In diesem Szenario erhebt sich der Staat aus dem Chaos und der Dunkelheit des Mittelalters, durchtrennt Traditionsstränge und errichtet eine rationale, allumfassende Ordnung. Dieses Buch will dieses Bild ins Wanken bringen. Es möchte dem Leser einen Zugang zur preussischen Geschichte eröffnen, in dem Ordnung und Unordnung gleichermassen ihren Platz haben. Die Erfahrung des Krieges, der schrecklichsten Form der Unordnung, zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte preussische Geschichte. Sie hat den Staatsbildungsprozess auf komplexe Weise beeinflusst, ihn mal beschleunigt, mal gebremst. Was die Konsolidierung des Staates im Inneren betrifft, so stellt sich diese als planloser, improvisierter Prozess dar, der sich in einem dynamischen, mitunter instabilen sozialen Umfeld vollzogen hat. Manchmal war "Verwaltung" ein anderes Wort für kontrollierte Umwälzungen. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein gab es viele preussische Gebiete, in denen das Vorhandensein des Staates kaum spürbar war.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass man "den Staat" an den Rand der preussischen Geschichte drängen sollte. Man sollte ihn vielmehr als Produkt der politischen Kultur betrachten, als Spiegelbild des kollektiven Bewusstseins. Es gehört zu den bemerkenswerten Kennzeichen der intellektuellen Entwicklung Preussens, dass der Gedanke einer eigenen preussischen Geschichte stets aufs Engste verwoben war mit der Betonung der Legitimität und Notwendigkeit des Staates. Der Grosse Kurfürst zum Beispiel war Mitte des 17. Jahrhunderts der Ansicht, dass die Konzentration der politischen Macht in der Exekutive des monarchischen Staates die beste Sicherheit gegen Angriffe von aussen garantiere. Doch dieses Argument - das von Historikern gelegentlich unter der Rubrik "Primat der Aussenpolitik" aufgegriffen wird - war selbst Teil der Evolution des preussischen Staates. Es war eines der rhetorischen Mittel, mit denen der Fürst seinen Machtanspruch als Landesherr untermauerte.
Anders ausgedrückt: Die Geschichte des preussischen Staates ist zugleich die Geschichte der Geschichte des preussischen Staates, denn der preussische Staat erfand seine Geschichte sozusagen erst beim Erzählen und entwickelte nach und nach eine immer ausgefeiltere Darstellung seines bisherigen Werdegangs und seiner Ziele in der Gegenwart. Im frühen 19. Jahrhundert führte die Notwendigkeit, angesichts der Herausforderung durch die Französische Revolution die preussische Regierungsform zu rechtfertigen, zu einer einzigartigen Eskalation im Diskurs. Der preussischen Staat legitimierte sich als Träger des historischen Fortschritts und bediente sich dabei eines derart überschwänglichen Vokabulars, dass er zum Modellfall einer bestimmten Ausprägung der Moderne wurde. Doch die Autorität und Erhabenheit des Staates in den Köpfen gebildeter Zeitgenossen hatte wenig mit der tatsächlichen Bedeutung zu tun, die er für das Leben der breiten Mehrheit der Untertanen hatte.
Zwischen dem bescheidenen territorialen Erbe Preussens und seiner herausgehobenen Position im Gang der Geschichte besteht ein auffälliger Kontrast. Besucher in Brandenburg, dem historischen Kernland des preussischen Staates, waren seit jeher überrascht angesichts der Spärlichkeit seiner Ressourcen und der Provinzialität seiner verschlafenen Städte. Was sie vorfanden, deutete nicht gerade auf den aussergewöhnlichen historischen Aufstieg Brandenburgs hin - ganz zu schweigen davon, dass es ihn erklärt hätte. "Jemand müsste etwas darüber schreiben, was da gerade geschieht", schrieb Voltaire zu Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756-1763), in dem sein Freund Friedrich der Grosse sich gegen die vereinten Kräfte Frankreichs, Russlands und Österreichs behaupten musste. "Es wäre von einigem Nutzen, wenn man erklären könnte, wie es dazu kam, dass das sandige Land Brandenburg so mächtig geworden ist, dass man mehr Streitkräfte gegen Brandenburg mobilisiert hat als jemals gegen Ludwig XIV."ii Die offensichtliche Diskrepanz zwischen der militärischen Stärke des preussischen Staates und den spärlichen Ressourcen, die zu ihrer Aufrechterhaltung zur Verfügung standen, erklärt einen der seltsamsten Wesenszüge der Geschichte Preussens als europäische Macht, nämlich die Tatsache, dass sich Phasen frühreifer Stärke mit Phasen gefährlicher Schwäche abwechselten. Im öffentlichen Bewusstsein ist Preussen mit der Erinnerung an militärische Erfolge verbunden: Rossbach, Leuthen, Leipzig, Waterloo, Königgrätz, Sedan. Doch im Laufe seiner Geschichte stand Preussen mehrmals am Rande seiner politischen Auslöschung: während des Dreissigjährigen Krieges, während des Siebenjährigen Krieges, und noch einmal 1806, als Napoleon die preussische Armee vernichtete und den König zur Flucht durch halb Nordeuropa zwang, bis ins Memelgebiet im äussersten Osten seines Königreiches. Zeiten der Aufrüstung und der militärischen Konsolidierung wurden immer wieder von langen Phasen der schrumpfenden Ressourcen und des Niedergangs unterbrochen. Die Kehrseite des unerwarteten preussischen Aufstiegs war ein bleibendes Gefühl der Verwundbarkeit, das die politische Kultur Preussens zutiefst geprägt hat.
Dieses Buch beschreibt, wie Preussen entstanden ist und wie es unterging. Nur wenn man diese beiden Prozesse versteht, wird nachvollziehbar, warum ein Staat, der einst in den Köpfen so vieler Menschen einen so bedeutenden Platz eingenommen hat, ebenso restlos wie abrupt von der politischen Bühne verschwinden konnte, ohne dass ihm jemand eine Träne nachgeweint hätte.
KAPITEL 1 Die brandenburgischen Hohenzollern
Das Kernland
Am Anfang war Brandenburg. Rings um Berlin erstreckte sich auf etwa 40.000 Quadratkilometern das Kernland jenes Staates, der später unter dem Namen Preussen in die Geschichte eingehen sollte.
Die Landschaft Brandenburgs war Teil der trostlosen Ebene, die sich von den Niederlanden bis zum Norden Polens erstreckte, eine Gegend ohne besondere Kennzeichen, die kaum je Besucher anlockte. Ihren Flüssen, die sich träge dahinschlängelten, fehlte die Erhabenheit des Rheins oder der Donau, ein Grossteil der Fläche war von eintönigen Wäldern aus Birken und Föhren bedeckt. Der Verfasser einer frühen Beschreibung Brandenburgs, der Topograf Nicolaus Leuthinger, schrieb 1598 von einem "ebenen, bewaldeten Land mit vielen Sümpfen". Sand, Ebene, Sümpfe und unkultivierte Flächen sind immer wiederkehrende Begriffe in allen frühen Berichten, selbst in den wohlwollendsten!
Die Böden waren in weiten Teilen Brandenburgs von nur geringer Qualität. In einigen Gebieten, vor allem rings um Berlin, war der Boden so sandig und locker, dass nicht einmal Bäume wuchsen. In dieser Hinsicht änderte sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts wenig. Ein Engländer, der sich im Hochsommer Berlin von Süden her näherte, berichtete von "ganzen Gegenden voller blankem, heissem Sand; dazwischen hier und da ein Dorf und Wälder aus verkümmerten Föhren, die auf ausgebleichten, dicht von Rentiermoos bedeckten Böden stehen".
Metternich wird der Ausspruch zugeschrieben, Italien sei ein "geografischer Begriff". Von Brandenburg liess sich nicht einmal das behaupten. Es war ein Binnenstaat ohne natürliche Grenzen, die man hätte verteidigen können, ein rein politisches Gebilde aus Landstrichen, die man im Mittelalter heidnischen Slawen abgetrotzt hatte und in denen Einwanderer aus zahlreichen deutschsprachigen Gebieten, sowie aus Frankreich, den Niederlanden, Norditalien und England siedelten. Nach und nach verlor sich das slawische Erbe, aber bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gab es in den Dörfern des Spreewalds bei Berlin Enklaven mit Slawisch sprechenden Einwohnern, den Wenden. Der Grenzlandcharakter der Region, ihre Rolle als östliche Grenze der Besiedlung durch deutschsprachige Christen, fand ihren semantischen Niederschlag in der Bezeichnung "Mark", die sowohl für Brandenburg insgesamt verwendet wurde, als auch für vier der fünf Teilgebiete: die Mittelmark um Berlin, die Altmark im Westen, die Uckermark im Norden und die Neumark im Osten (das fünfte Gebiet war die Prignitz im Nordwesten).
Die Voraussetzungen für den Warentransport waren primitiv. Brandenburg hatte keinen Zugang zum Meer und damit auch keinen Seehafen. Zwischen Elbe und Oder, die an der westlichen bzw. östlichen Flanke der Mark Richtung Nord- bzw. Ostsee flossen, gab es keine Wasserstrasse, sodass die Residenzstädte Berlin und Potsdam nicht an die wichtigsten Transportwege der Region angebunden waren. Im Jahr 1548 hatte man mit dem Bau eines Kanals begonnen, der die Spree, die durch Berlin und ihre Schwesterstadt Cölln floss, mit der Oder verbinden sollte. Das Vorhaben erwies sich jedoch als zu teuer und wurde aufgegeben. Da in jener Zeit der Transport zu Lande sehr viel teurer war als zu Wasser, war der Mangel an schiffbaren Wasserwegen in West-Ost-Richtung ein schwerwiegendes Strukturdefizit.
Hochwertige landwirtschaftliche Produkte (Wein, Krapp, Flachs, Barchent, Wolle und Seide), wie sie in anderen deutschen Gebieten hergestellt wurden, suchte man in Brandenburg vergebens, und die Vorkommen der damals wichtigsten Erze (Silber, Kupfer, Eisen, Zink und Zinn) waren gering. Das wichtigste Zentrum der Metallverarbeitung war ein Eisenhüttenwerk, das in den 1550er Jahren in der befestigten Stadt Peitz errichtet worden war. Auf einer zeitgenössischen Darstellung sind solide Gebäude zu sehen, die zwischen schnell fliessenden künstlichen Wasserwegen liegen. Die schweren Hämmer, die das Metall flachschlugen und formten, wurden von einem grossen Wasserrad angetrieben. Für den Kurfürsten hatte diese Eisenhütte eine gewisse Bedeutung, waren seine Garnisonen doch auf Munition aus Peitz angewiesen, aber darüber hinaus war ihr wirtschaftlicher Nutzen gering. Das dort produzierte Eisen war bei Frost wenig bruchfest. Brandenburg war also auf dem regionalen Markt nicht konkurrenzfähig, und ohne Förderung durch den Staat in Form von Aufträgen und Einfuhrbeschränkungen wäre das zarte Pflänzchen eines metallverarbeitenden Sektors nicht lebensfähig gewesen. Brandenburg konnte sich in keiner Weise mit den florierenden Giessereien messen, die weiter südöstlich im erzreichen Kurfürstentum Sachsen lagen. Ebenso wenig war es im Hinblick auf die Waffenproduktion so autark wie Schweden, das sich im frühen 17. Jahrhundert als Regionalmacht etablieren konnte.
Frühe Berichte über die landwirtschaftliche Topografie in Brandenburg vermitteln einen zwiespältigen Eindruck. Die in weiten Landesteilen schlechte Bodenqualität führte zu niedrigen Erträgen. In manchen Gegenden war der Boden so schnell ausgelaugt, dass man nur alle sechs, neun oder zwölf Jahre aussäen konnte, ganz zu schweigen von den Landstrichen mit "unfruchtbarem Sandboden" oder Sumpfland, in denen gar nichts angebaut werden konnte. Andererseits gab es auch Gebiete - vor allem in der Alt- und Uckermark und im fruchtbaren Havelland westlich von Berlin -, die über genügend Ackerland verfügten, auf dem intensiver Getreideanbau möglich war. Hier gab es um 1600 deutliche Anzeichen von wirtschaftlicher Prosperität. Begünstigt vom langen Aufschwung, den Europa im 16. Jahrhundert erlebte, konnten die Grundbesitzer des brandenburgischen Adels ansehnliche Vermögen anhäufen, indem sie Getreide für den Export produzierten.
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Autoren-Porträt von Christopher Clark
Clark, ChristopherChristopher Clark, geboren 1960, lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine's College in Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Geschichte Preussens. Er ist Autor einer Biographie Wilhelms II., des letzten deutschen Kaisers. Für sein Buch »Preussen« erhielt er 2007 den renommierten Wolfson History Prize sowie 2010 als erster nicht-deutschsprachiger Historiker den Preis des Historischen Kollegs. Sein epochales Buch über den Ersten Weltkrieg, »Die Schlafwandler« (2013), führte wochenlang die deutsche Sachbuch-Bestseller-Liste an und war ein internationaler Bucherfolg. Zuletzt erschien von ihm der vielbeachtete Bestseller »Von Zeit und Macht« (2018).
Bibliographische Angaben
- Autor: Christopher Clark
- 896 Seiten, 71 Schwarz-Weiss-Abbildungen, mit zahlreichen Abbildungen, Masse: 13,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzer: Richard Barth, Norbert Juraschitz, Thomas Pfeiffer
- Verlag: Pantheon
- ISBN-10: 3570550605
- ISBN-13: 9783570550601
- Erscheinungsdatum: 13.10.2008
Rezension zu „Preussen “
"Christopher Clark fügt nun in seinem 800 Seiten langen Buch die Puzzleteile aus fast einem halben Jahrhundert zu einem kompletten und schlüssigen Bild zusammen, das uns weit über Preußen hinaus deutsche und europäische Geschichte verständlich und überschaubar macht - und dies nicht in mild stimmender Verklärung."
Kommentar zu "Preussen"
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